Dann kam die Frage: „Opa, wo kommt das Bim-bim her?“
Also haben wir uns mit Günther Geißler verabredet und sahen in der Deubener Kirche nach, denn von hier ist Montag bis Sonnabend pünktlich 18 Uhr das Läuten der Kirchenglocke zu hören. Diese Glocke hängt hoch oben im Kirchturm. Sehen wir uns aber hier um, so werden wir feststellen, dass die Kirche einmal drei Glocken besessen hatte.
Die heutige Glocke war schon immer die Größte, sie ist 82 cm hoch, unten 105 cm weit und 710 kg schwer. Oben rings um den Glockenhelm ist eine lateinische Inschrift eingegossen. Diese kann mit „Oh König der Herrlichkeit, komme mit Frieden. Gegrüßt seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir. Im Jahre des Herrn 1508“ übersetzt werden. Für uns heißt das, dass die Glocke über 500 Jahre alt ist!
Die beiden anderen Glocken hatten eine sehr wechselhafte Geschichte. 1807 ging vermutlich die kleine Glocke kaputt und es musste eine neue gegossen werden. Der untere äußere Rand hatte einen Durchmesser von 57,5 cm. Die mittlere Glocke wurde 1809 umgegossen. Vermutlich passte die Tonhöhe nicht mehr zu der neuen kleinen Glocke. Der untere Durchmesser dieser Glocke betrug 85,5 cm.
Als im ersten Weltkrieg Rohstoffe für die Rüstungsindustrie knapp wurden, ordnete der Reichsmilitärfiskus des Kaiserreiches Deutschland die Erfassung, Beschlagnahme und Enteignung von Bronzeglocken der Kirchen an. Am 31. Mai 1917 erklärte ein Gutachter im Auftrag der Grimmaer Amtshauptmannschaft die kleine und die mittlere Glocke für enteignet. Die große Glocke erhielt einen Schutzbrief. Durch diesen wurden Glocken mit einem besonderen wissenschaftlichen, geschichtlichen und kulturellen Wert von der Zerstörung verschont. Am 20. Juni 1917 wurde von den Deubenern 443 kg Bronze der 2 zerschlagenen Glocken zur Sammelstelle nach Wurzen gebracht.
1926 bekam die Kirche wieder eine kleine und eine mittlere Glocke, doch bereits 1944 wurden beide erneut für Kriegszwecke abgenommen. Die große Glocke hat auch den 2. Weltkrieg überstanden und steht uns heute noch zur Verfügung.
Bis Ende 2018 wurde die Glocke mit einem langen Seil und Muskelkraft zum Klingen gebracht. Dazu musste man im Kirchturm die schmalen Stufen bis zum Dachboden unter der Glockenstube, wo das Glockenseil endete, hinaufsteigen. Heute hat ein anderer „Glöckner“ diese Arbeit übernommen. Die Kirchgemeinde konnte nach einigen Hürden die lange ersehnte Läutemaschine anschaffen. Jetzt duckt sich ein kleiner Elektromotor neben die Glocke und treibt diese über ein Seilrad an.
So, jetzt wissen wir, woher das „Bim-bim“ kommt.
Schlag 18 Uhr wird auch heute die Glocke zum Schwingen und Klingen gebracht. Die späte Stunde erklärt sich aus der Geschichte. Früher, als es noch keine Armbanduhren und Smartphone gab, verkündete die Glocke den Bauern auf dem Feld den Feierabend. Sonntags hat die Glocke deshalb Pause. Damals wurden die Kirchenglocken auch zur Warnung bei Gefahren wie Hochwasser oder Feuer geläutet. Heute übernehmen das die uns bekannten Sirenen. Aber das ist eine andere Geschichte.
(1 gilt nur von Montag bis Sonnabend
Quellen:
„Chronik Kirche Deuben“; Günther Geißler; 1. Auflage 2014
Gespräch mit Günther Geißler
LVZ, 16.07.2019; “Armin Hänsch läutet seit 20 Jahren die Deubener Kirchenglocke“ von Ines Alekowa
„Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen“; Professor Cornelius Gurlitt; Dresden 1897
Foto: Günther Geißler
Olaf Hallmann