Heute ist das nicht mehr der Fall, denn inzwischen verdecken hohe Bäume und anderes Gehölz, rund um zahlreiche Teiche, den Blick.
Damals war alles anders. Die Teiche und Bäume gab es noch nicht. Man sah fast nur von Deubener und Bennewitzer Bauern bewirtschaftete Felder und Wiesen, an deren Feldrändern und Wegen, gemäß alten Messtischblättern, kaum ein Gehölz zu finden war.
Vor allem das Dorf Deuben lag gegenüber heute ziemlich kahl in der Landschaft. Außer in den Hausgärten gab es keine weiteren Gehölze. Doch mit der Zeit änderte sich der Anblick, aber noch nicht zu Gunsten der Natur.
Seit 1810 ist eine kleine Ziegelei auf dem Grundstück der heutigen Tierärzte Herrn Möhring und Frau Hauptvogel Altenbacher Weg 3 nachweisbar. Vorher war in einer Meilenkarte dieses Gebiet entlang des Urstromtalufers der Mulde, als Wiese ohne Baumbestand und Bauwerke eingezeichnet. Eine kleine Lehmgrube, aus der Lehm für den Häuserbau geholt wurde, gab es aber schon. An Hand der spärlich vorhandenen Unterlagen kann man nur schlussfolgern, dass diese kleine Ziegelei um 1805 errichtet wurde und der benötigte Lehm aus kleinen Gruben direkt unterhalb des Urstromtalufers der Mulde gewonnen wurde. Auf diese Weise entstanden in diesem Abbaugebiet am Urstromtalrand bis 1879 achtzehn kleine Gruben, von denen heute noch zwölf als kleine Teiche oder Tümpel existieren. Die anderen sind inzwischen verlandet oder verfüllt. Um 1907 ist diese Ziegelei nicht mehr nachweisbar. Vermutlich endete ihr Bestehen mit dem Neubau der Ziegelei an der B6 (Gewerbegebiet Deuben). Der Wurzener Baumeister Julius Ihme errichtete um 1890 diese Ziegelei am Ortsausgang Deuben in Richtung Leipzig. Finanziell übernahm er sich mit dem gewaltigen Bau, denn schon 1894 musste er sein Projekt aufgeben. Die Maschinenfabrik Klinkhardt in Wurzen übernahm die Ziegelei, da Ihme die Rechnungen für die maschinelle Ausrüstung nicht bezahlen konnte. Hans Hülsmann sen. (1862 - 1932) kaufte 1910 die Ziegelei von der Maschinenfabrik Klinkhardt. Zu vermuten ist, dass er diese Ziegelei bereits einige Jahre vor dem Kauf gepachtet hatte. Felder, die nur für dieses Werk als Lehmabbaugebiet in Frage kamen, erwarb er schon Jahre vor dem Kauf.
Südlich der B6 und unmittelbar am Werksgelände bis zum Fabrikweg begann der Lehmabbau um 1890, der etwa bis 1920 andauerte. Für die um 1860 von Eugen Hülsmann (1831-1866) erbaute Ziegelei, am Standort Ecke Deubener Straße (Fabrikweg) - Parkstraße, erfolgte der Lehmabbau westlich der heutigen Deubener Straße in Richtung Deuben. Nachdem im Gebiet westlich der Deubener Straße und des Fabrikweges der Lehm weitestgehend abgebaut war, begann 1920 der Abbau nördlich der B6 und westlich des heutigen Deubener Teichweges. Bis 1961 erfolgte in diesem Bereich der Lehmabbau.
Mit dem Entstehen der Ziegeleien veränderte sich die Landschaft zusehends. Fabrikgebäude, Schornsteine und Lehmgruben kamen dazu, sowie die Villa, die Eugen Hülsmann 1860 vor seiner Ziegelei (heute Firma Rath) südlich der Eisenbahn für sich und seine Familie gebaut hatte.
Heute nach rund 200 Jahren ist weitestgehend „Gras“ über dieses Kapitel Industriegeschichte gewachsen. Die alten Ziegeleigebäude sind abgerissen und aus den Lehmgruben, sowie an deren Rädern haben sich wunderbare Biotope entwickelt, an denen man von März bis Juni allabendlich Froschkonzerte genießen kann. Eine artenreiche Vogelwelt findet heute in den niederen und hohen Gehölzen und an den Grubenrändern ideale Lebensbedingungen. Viele Gehölze um die Grubenränder haben sich von allein angesiedelt und im Laufe der Zeit einen stattlichen Umfang erreicht.
Anfangs hat allerdings ein Mann nachgeholfen. Es war Hans Hülsmann sen., Eugen Hülsmanns Sohn, ein zu seiner Zeit sehr bekannter Ornithologe, der eine umfangreiche Statistik über die von ihm beobachtete Vogelwelt in der hiesigen Muldenaue hinterlassen hat (Mitteilungen des Wurzener Geschichts- und Altertumsvereins, I. Band, 1.Heft, 1910, Seiten 14 bis 34). Er veranlasste, dass zahlreiche Bäume von seiner Villa bis zum damaligen Jägerhaus (heute Tierarztpraxis Möhring u. Hauptvogel), um die ehemaligen Lehmgruben herum gepflanzt wurden. Mit dieser Baumpflanzaktion legte er die unter den Begriffen „Bennewitzer Park“ oder „Hülsmannscher Park“ bekannt gewordene kleine Waldfläche an. Auf einem zentralen Weg, entlang des „Roten Grabens“, konnte man bis etwa 1990 von der Villa durch den Park zum Altenbacher Weg gelangen. Heute geht das nicht mehr.
Interessant ist noch, dass es 1860 die heutigen Bahnhöfe Bennewitz und Altenbach nicht gab. Den Bahnhof Altenbach gab es aber. Er befand sich mehr auf der Bennewitzer Seite, genau zwischen der Hülsmannschen Villa und der Ziegelei. Durch einen Fußgängertunnel unter den Gleisen, existierte ein kurzer Weg vom Villengelände zum Bahnhof und zur Ziegelei. Nach der Enteignung 1948 diente ab Mitte der 1950-er Jahre die Villa bis 1990 als Kindergarten, danach bis 1994 als Unterkunft für Spätaussiedler. Von 1996 bis 2002 war sie das Jugendhaus für die Gemeinde Bennewitz. Danach folgten acht Jahre Leerstand und Verfall. Mehrere Verkaufsversuche scheiterten, so dass 2010 nur noch der Abriss der Villa durch die Gemeinde Bennewitz übrig blieb, obwohl die Bausubstanz noch weitestgehend in Ordnung war.
Günther Geißler, 2018
Quelle: Die Hülsmannschen Ziegeleien
um Deuben und Bennewitz von 2015