Weil jedoch bei ihrer Gewinnung der Wasserreichtum der Gegend hindernd im Wege stand und auch die Qualität nicht bauwürdig schien, ist sie fast gar nicht benutzt worden. Durch die Leipzig-Dresdener Eisenhahn wurde jedoch ein größerer Absatz nach Leipzig und andere entferntere Orte erwartet und veranlasste den Grundbesitzer, die Umgegend der verlassenen Kohlengrube im Sommer 1842 bergmännisch untersuchen zu lassen. Hierbei ergab sich, dass sich das Braunkohlenlager nicht nur in weitem Umkreise in bedeutender Mächtigkeit (durchschnittlich 8 -9 Ellen1)) unter der tonigen Oberfläche des Bodens in mäßiger Tiefe ausbreitet, sondern auch, je tiefer man in dasselbe eindrang, immer festere und schönere Kohle lieferte. Der reiche Wasserzufluss machte die Ausbeutung der Kohlen kostspielig und beschwerlich. Die Grube musste Tag und Nacht durch Menschenhände ausgepumpt werden. Dennoch wurde eine so bedeutende Quantität Kohle zu Tage gefördert, dass der ganze Bedarf an Brennmaterial für Ziegelei, Brauerei und Brennerei des Ritterguts Machern gedeckt, und auch in die Umgegend so viel abgeliefert werden konnte, um reichliche Erfahrungen über die Güte des Brennmaterials zu sammeln. Diesen zufolge erwies es sich als ein vorzügliches Brennmaterial, und sowohl die Stücke des verkohlten Holzes, als auch die gestrichenen Ziegel gaben einen Hitzegrad, der dem der besseren Sorte nicht nachstand, den der geringeren aber weit übertraf. (In der Gegend von Wurzen, Machern und Zeititz herrscht erdige Braunkohle vor, die deutlich torfartig entstanden ist und nur vereinzelte Baumstämme enthält.2)) Um sich jedoch von der Güte der Kohle auf wissenschaftlichen Wege zu versichern, beauftragte der Besitzer des Werks einen geübten Chemiker mit der Analyse derselben. Die Resultate dieser Untersuchung wiesen der Zeititzer Kohle ihren Platz hinter der böhmischen und über der Grechwitzer an, indem nach einem Vergleich des Heizvermögens etwa 1000 Scheffel3) von Zeititz 1375 Scheffel von Grechwitz gleich kommen würden. Hinsichtlich der Dampferzeugungskraft entsprechen 1000 Scheffel von Zeititz 1200 Scheffel von Grechwitz.
Auch was die Verwendung der Asche als Düngemittel betrifft, so steht die Zeititzer bloß der von Halle im Gehalte an Düngesalz nach und erweist sich reicher als die von den beiden anderen Kohlesorten.
Um diesen reichen Schatz gehörig auszubeuten und das gewonnene Brennmaterial in ausreichender Menge und zu billigen Preisen liefern zu können, kam es darauf an, ein Mittel zu finden, durch welches man sich der reichlich zuströmenden Wasser auf eine geeignete Weise entledigen könnte. Da nach dem Urteile Sachverständiger die Anlage eines Stollen zu große Schwierigkeit bot, so entschied man sich zur Aufstellung einer Dampfmaschine. Diese hatte „12 Pferdekraft“ und kam aus der Maschinenbau Anstalt des Herrn Kinne in Halle. Gleichzeitig mit der Ingangsetzung der Dampfmaschine erfolgte die feierliche Einweihung des ganzen Werkes. Das Werk lag „eine kleine halbe Stunde von Machern und kaum eine Viertelstunde von der Leipzig-Dresdner Eisenbahn entfernt, mitten im Walde dicht hinter dem Dörfchen Zeititz und wird mit seiner freundlichen Umgebung als Ziel eines kurzen und angenehmen Spaziergangs vom Anhaltepunkte bei Machern aus einen neuen Reiz für den Besuch dieses Orts abgeben.“
Die Fundorte und Gewinnungspunkte der Braunkohle beschreibt Carl Friederich Zincken in seinem Buch „Die Physiographie der Braunkohle und ihre Verwendung“ wie folgt:
Altenbach: unter 35 Fuss4) Deckgebirge, zum Teil aus Ton, liegen 3 Flöze5), zusammen 4,04 Lachter6) mächtig, erdige Kohle und Lignit7) führend.
Leulitz: unter 20 Fuss Deckgebirge, liegen 1,57 Lachter Lignit und Erdkohle.
Zeititz bei Wurzen: unter einem Hangenden von 35-50 Fuss, meist Ton und etwas Kies, liegen 2-3 Fuss Braunkohle, meistens weicher Lignit, 3 Fuss blauer Ton, 12-13 Fuss Kohle, in der oberen Partie viele feste Lignitstämme, bis 4-5 Fuss stark und bis 40 Fuss lang, einschließend.
Zwischen Altenbach und Zeititz liegt die Kohle 17 Fuss mächtig.
* Siehe auch Chronikfenster im Amtsblatt 10/2017, „Zur Geschichte des Bergbaus um Zeititz“ von G. Leine
Worterklärungen:
1) Elle – altes Längenmaß, in Sachsen etwa 56 cm
2) Mineralogisches Lexicon für das Königreich Sachsen; August Frenzel; Unikum-Verlag, 2013
3) Scheffel: altes Hohlmaß von unterschiedlicher Größe (etwa zwischen 50 und 222 Liter; alter Leipziger Scheffel = 80,58 Liter)
4) 1 Fuss Sächsisch = 0,2854 Meter
5) Ein Flöz ist eine sedimentär entstandene, ausgedehnte Lagerstätte eines Rohstoffes (meist Kohle), die parallel zur Gesteinsschichtung verläuft.
6) 1 Lachter Sächsisch = 2 Meter
7) Lignit (Lat.) ist ein Oberbegriff für jüngere, geringwertige Braunkohle, bei der ohne Hilfsmittel noch Holzstrukturen erkannt werden.
8) Hangendes ist eine bergmännisch-geologische Lagebezeichnung für Gestein, das eine Bezugsschicht überlagert.
Quellen:
- Der Bergwerksfreund, ein Zeitblatt für Berg- und Hüttenleute, für Gewerken, so wie für alle Freunde und Beförderer des Bergbaues und der demselben verwandten Gewerbe. Sechster Band; Berlin, 1843. Verlag von Wilhelm Hermes. Seite 255f.
- Mineralogisches Lexicon für das Königreich Sachsen; August Frenzel; Unikum-Verlag, 2013
- Die Physiographie der Braunkohle und ihre Verwendung, Teil 1 von Carl Friederich Zincken, 1867, Seite 566
- Lexika
Olaf Hallmann, 2020