bei denen die Steuern und die Gerichtsbarkeit dem Amt Grimma zustanden, die erbherrlichen Rechte (Lehen, Zinsen, Dienste) jedoch den Domherren des Stiftes Wurzen. 1621 erhielt der Kammer- und Hofrat Dr. David Döring (geb. 14.8.1577 in Zeitz) von Kurfürst Johann Georg I. wegen seiner geleisteten treuen Dienste gegen eine Geldzahlung sämtliche durch die Auedörfer u. a. dem Amt Grimma zu leistenden Pferde- und Handdienste sowie die Gerichtsbarkeit darüber. 1664 gingen die Auedörfer mit Ausnahme von Deuben durch Kauf an das Rittergut Nischwitz über. Fortan waren die Bewohner zu Zinszahlungen, Naturalabgaben und Frondiensten gegenüber diesem Rittergut verpflichtet.
Die vom Gutsverwalter Christian Gottfried Irmisch geführte und erhalten gebliebene Jahresrechnung des Rittergutes Nischwitz für den Zeitraum vom 1. Juli 1768 bis zum 30. Juni 1769 lässt in vieler Hinsicht Einblicke in das dörfliche Leben dieser Zeit zu.[i] Bei den Einnahmen werden zunächst sehr unterschiedliche Geldleistungen der Untertanen aufgelistet. Dazu gehörte der Erbzins, der für die Nutzung des erblichen Grundstücks zu entrichten war. 1768 waren bereits einige Frondienste durch Geldzahlungen abgelöst worden. Daraus resultierten das Dienstgeld, das Handdienstgeld und das Spinngeld. Weitere Zahlungen stellten der Wiesenzins, das Kalb- und das Hufengeld dar. Hinzu kam noch der Caviller-Zins, der für Abdeckerdienste anfiel, die der Scharfrichter Schmidt in Wurzen mit übernahm. Abgaben waren auch für die Nutzung von Branntweinblasen, also für das Schnapsbrennen, fällig. Das traf für Christian Ahnert in Nepperwitz und Gottfried Deutrich in Grubnitz zu. Gezahlt wurde an festgelegten Terminen. In der zeitlichen Folge waren das nach dem 1. Juli: Bartholomäustag (24. August), Michaelis (29. September), Martini (11. November), Weihnachten, Ostern, Walpurgis (1. Mai) und Johannis (24. Juni). Die Jahresrechnung listet alle zahlungspflichtigen Einwohner der Dörfer mit ihren Abgaben auf, woraus sich ein guter Überblick ergibt.
Weitere Einnahmen resultierten u. a. aus verkauftem Getreide und Vieh und aus den Pachteinnahmen von der Fischerei in der Mulde. Die Verpachtung des Salzhandels erbrachte weiteres Geld wie auch die Musikpacht. Bei letzterer erkaufte sich Christoph Gruhne aus Bennewitz für drei Taler das alleinige Recht, bei Hochzeiten und anderen Feierlichkeiten die Musik zu stellen.
Alle Einnahmen zusammengenommen, ergaben sich 5.197 Taler. Die Zinsen und Pachteinnahmen machten dabei allerdings nur knapp 900 Taler aus. Mehr als 1.800 Taler brachte der Verkauf von Getreide ein, 1.077 Taler die Ziegelscheune und 872 Taler die Schäferei.
Die Auflistung der Ausgaben bietet einen Überblick über das vorhandene Gesinde und die sonstigen Beschäftigten. Neben dem Hofmeister gab es den 1., 2. und 3. Pferdeknecht, den 1., 2. und 3. Enken (junger Knecht), einen Ochsenknecht, einen Ochsenjungen, einen Kuhhirten, eine Küchenmagd, eine Große, Mittel- und Kleine Magd sowie eine Saumagd. Der 1. Knecht erhielt jährlich 21 Taler, der 3. Enke wie auch die Großmagd nur 14. Die Kleine Magd lag bei 4 Talern und 9 Groschen. D. h., die beim weiblichen Gesinde in der Reihenfolge am höchsten Stehende erhielt gerade so viel Lohn wie der beim männlichen Gesinde sehr weit unten rangierende 3. Enke. Hinzu kamen noch der Verwalter (60 Taler), die Haushälterin (30 Taler), der Gärtner (20 Taler), der Schafmeister (10 Taler) und der Holzförster (8 Taler).
Auch die Ausgaben wurden sehr detailliert aufgeführt. Dazu gehörte u. a. das dem Gesinde zu verabreichende Bier. Es erhielt z. B. sonntags fünf Kannen (1 K. = 0,93 l) Bier zur Mehrte (Biersuppe). Bier gab es auch zum „guten Montag“, auch „blauer Montag“ genannt. Damit wurde ursprünglich der Montag vor dem Fasten benannt, auch als Freßmontag bezeichnet. Das „blau“ kommt davon, dass die Kirchen zur Fastenzeit blau ausgeschmückt wurden. Später wurde der Begriff auf alle Montage übertragen, an welchem Wochentag z. B. die Handwerker frei hatten. Der heute noch verwendete Begriff „Blaumachen“ geht auf diesen Ursprung zurück.
Gesondert wurden die Kosten für die Tagelöhner aufgeführt, die für die Handarbeiten auf dem Rittergut, insbesondere zur Ernte. zum Einsatz kamen. Hier lagen die Tageslöhne zwischen zwei und vier Groschen. Beim Überbringen des Erntekranzes erhielten die 18 Drescher 2,5 Kannen Branntwein und 24 Kannen Bier.
Für die Haushaltung wurden beispielsweise im Juli 1768 u. a. verbraucht: Baumöl (= Olivenöl), Essig, Semmeln, zwei Kannen Kümmel, Muskatnüsse, Blumen (= Nelken), 6 Stück Persen (= Barsche). Zwei als Zugtiere vorgesehene schwarze 6-jährige Wallache kosteten 130 Taler. Für Arme und „Bettelleute“ wurden im ganzen Jahr reichlich drei Taler ausgegeben, wenig mehr als z. B. die Verpflegung des Rittergutsbesitzers Graf von Brühl bei seinem Aufenthalt am 13. Juli 1768 in Nischwitz kostete (8 Pfund Kalbsbraten, 3 Pfund Hechte, Baumöl, Weinessig, Semmeln, Gewürze, Zucker, Kaffee, Bier).
Insgesamt betrugen die Ausgaben 5.182 Taler, von denen der größte Teil, nämlich 2.985 Taler, an den Rittergutsbesitzer ging.
Volker Jäger
Abb. Titelblatt der Jahresrechnung
Quelle und Reproduktion: Staatsarchiv Leipzig
[i] StA-L, RG Machern, 496.